„Unterstützte Entscheidungsfindung: Leicht und gut gemacht!“
Interview mit Thomas Künneke und Christine Pragmann
30.11.2021 36 min
Zusammenfassung & Show Notes
In der ersten Folge unseres Podcasts möchten wir mit beeinträchtigten Expert*innen über das Thema unterstützte Entscheidungsfindung sprechen. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e. V., hat zu diesem Thema eine Broschüre erstellt, die genau erklärt, was unterstützte Entscheidungsfindung bedeutet. Die Broschüre unterstützt alle Menschen darin, eine Entscheidung zu treffen.
Wie das genau funktioniert und warum unterstützte Entscheidungsfindung so wichtig ist, besprechen wir mit Thomas Künneke und Christine Pragmann, die intensiv an der Erarbeitung der Broschüre mitgewirkt haben.
Transkription findet ihr hier:
https://das-lasse-ich-mir-nicht-bieten.letscast.fm/episode/unterstuetzte-entscheidungsfindung-leicht-und-gut-gemacht
Wie das genau funktioniert und warum unterstützte Entscheidungsfindung so wichtig ist, besprechen wir mit Thomas Künneke und Christine Pragmann, die intensiv an der Erarbeitung der Broschüre mitgewirkt haben.
Transkription findet ihr hier:
https://das-lasse-ich-mir-nicht-bieten.letscast.fm/episode/unterstuetzte-entscheidungsfindung-leicht-und-gut-gemacht
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Link zum Verein Kellerkinder e.V.: https://maria-der-bär.de
Link zur Broschüre unterstützte Entscheidungsfindung in schwerer Sprache:
https://isl-ev.de/attachments/article/2576/UE_Leicht_und_gut_gemacht.pdf
Link zur Broschüre in leichter Sprache: https://isl-ev.de/UE_Leicht_und_gut_gemacht_LS.pdf
Link zur Broschüre unterstützte Entscheidungsfindung in schwerer Sprache:
https://isl-ev.de/attachments/article/2576/UE_Leicht_und_gut_gemacht.pdf
Link zur Broschüre in leichter Sprache: https://isl-ev.de/UE_Leicht_und_gut_gemacht_LS.pdf
Link unterstützte Entscheidungsfindung Mitmachheft leichte Sprache: https://isl-ev.de/UE_Mitmachheft_LS.pdf
Transkript
Fragen über Fragen.
Nach über 100 Bewerbungen
wurde ich noch immer nicht für ein
Bewerbungsgespräch eingeladen.
Woran liegt das?
Warum hat mein Spielplatz keine gute Rampe?
Wieso dauert es eine Ewigkeit, bis ich
meinen elektrischen Rollstuhl bewilligt
bekomme? Das lasse ich mir nicht bieten.
Der Podcast über Wege durch den Rechte-Dschungel.
Mit diesem Podcast möchten wir gemeinsam
auf die Suche nach
einigen Antworten gehen.
Konkret setzen wir uns mit der
UN-Behindertenrechtskonvention auseinander
und schauen, wie diese im Sozialrecht, im
Arbeitsrecht oder in anderen
Rechtsbereichen durchgesetzt wird.
Dieser Podcast möchte behinderte Menschen
darin unterstützen,
ihre Rechte effektiv durchzusetzen,
Fremdbestimmung entgegenzuwirken
und Selbstbestimmung zu fördern.
Hallo und herzlich willkommen, liebe
Zuhörerinnen und Zuhörer
zu der ersten Folge unseres Podcasts.
Das lasse ich mir nicht bieten -
Wege durch den Rechte-Dschungel.
Unsere Namen sind Alexander
Ahrens und Jessica Schröder.
Wir begleiten euch heute durch den Podcast
und führen euch so ein bisschen
durch das heutige Programm.
Aber wie ist dieser Podcast
überhaupt entstanden
und warum gibt es ihn?
Genau. Und das wollen wir heute klären, und
zwar, der Podcast ist
ein Teil des Projektes
"Das lasse ich mir nicht bieten.
Ermutigung zur individuellen
Rechtsdurchsetzung."
Dieses Projekt läuft drei Jahre und wir
wollen Menschen mit Behinderungen dazu
ermutigen, die Instrumente, die es gibt,
um seine Rechte durchzusetzen, zu nutzen
und auch seine Rechte zu erkämpfen.
Wir haben ja so einige Instrumente im
Baukasten, die uns in den letzten Jahren
beschert worden sind, die aber
auch hart erkämpft werden mussten.
Also, wir haben die Gesetzgebung
des Bundesteilhabegesetzes.
Wir haben verschiedene Schlichtungsstellen
und wir haben verschiedene Verfahren, die
man benutzen kann, um sein
individuelles Recht durchzusetzen.
Und das wollen wir euch erklären.
Wir haben eine eigene Internetseite bald
auf dem Markt bzw.
verschiedene Podcastfolgen.
Die Internetseite ist gespickt mit
Informationen, um herauszufinden "Welche
Rechte habe ich und wo kann
ich mein Recht durchsetzen?".
Super Stichwort: Internetseite.
Im Moment ist sie noch nicht online, aber
wir arbeiten heiß daran und ein anderes
Format, das wir uns überlegt haben, um
dieses ganze Thema Rechtsdurchsetzung
ein bisschen mit Leben zu füllen -
manchmal wirkt das ja doch eher dröge -
war die Idee eines Podcasts.
Und in diesem Podcast möchten wir
Expert:innen in eigener Sache interviewen
zu ganz unterschiedlichen
rechtlichen Themen.
Worum es in den nächsten Folgen des
Podcasts gehen wird, könnt ihr hören in
Folge 0, in unserem sogenannten Trailer.
Dort erklären wir ausführlich, was der
Podcast beinhalten wird und worauf
ihr euch zukünftig freuen könnt.
Aber heute -
unser erstes Thema in unserer ersten Folge
ist das Thema "Unterstützte
Entscheidungsfindung".
Die ISL hat eine Broschüre zum Thema
"Unterstützte Entscheidungsfindung" gemacht
und mein Kollege Alexander Ahrens wird
euch jetzt mal vorlesen aus der
Einleitung, worum es in
dieser Broschüre geht.
Die Broschüre heißt "Unterstützte
Entscheidungsfindung -
leicht und gut gemacht".
Die Broschüre wurde von Menschen mit
Behinderungen oder Beeinträchtigungen
in Workshops und Redaktionstreffen erstellt.
Die Broschüre richtet sich an Menschen,
die eine Entscheidung treffen
müssen und deren Unterstützer:innen.
Wofür kannst du die Broschüre nutzen?
Die Broschüre soll dich in deiner
Entscheidungsfindung unterstützen.
Wie unterstützt sie dich?
Sie erklärt dir verschiedene
Aspekte einer Entscheidung.
Sie gibt dir Anregungen, welche
Möglichkeiten der Unterstützung
du nutzen kannst.
Sie stärkt dich, deine eigenen
Entscheidungen zu treffen.
Sie hilft dir durch den Prozess
deiner Entscheidungsfindung.
Das klingt ja schon mal ganz spannend.
Natürlich ist die Broschüre nicht
einfach aus dem Nichts entstanden.
Viele Leute haben daran mitgewirkt.
Insbesondere zwei Menschen haben sich
ganz besonders dafür eingesetzt.
Und diese interviewen wir heute.
Thomas Künneke und Christine Pargmann.
Welche Rolle sie in diesem Prozess
gespielt haben,
was sie an unterstützter
Entscheidungsfindung so wichtig und gut
finden und was sie sich in Zukunft für das
Gelingen der unterstützten
Entscheidungsfindung wünschen, könnt
ihr jetzt im folgenden Interview hören.
Viel Spaß dabei!
Lieber Thomas Künneke, ich freue mich ganz
doll, dass du heute mitmachst bei dem
Thema "Unterstützte Entscheidungsfindung".
Du arbeitest ja auch ein bisschen viel mit
bei der ISL, also bei unserem Verein
"Interessenvertretung Selbstbestimmt
Leben in Deutschland".
Und du hast da ein Projekt ganz besonders
mitgestaltet und warst so ein bisschen
Chef dabei, nämlich die Broschüre zur
unterstützten Entscheidungsfindung -
gut und leicht gemacht.
Vielleicht magst du ein bisschen von dir
selbst erzählen. Was machst du? Wie lebst
du? Wo engagiert du dich und warum
ist dir das Thema so wichtig?
Ja, ein bisschen zu mir.
Mein Name ist Thomas Künneke.
Ich bin Mitarbeiter der
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben
und ich bin sehr engagiert als Vorstand
im Verein des Kellerkinder e.V..
Ja, wie komme ich zu diesen ganzen Sachen?
Eigentlich würde ich
sagen, es gibt zwei Leben.
Ein Leben gibt es
Thomas Künneke als Sozialarbeiter
mit unterschiedlichsten
therapeutischen Ausbildungen.
Ich habe mittelgroße Einrichtungen
geleitet, und das ist so das erste Leben.
Und aufgrund meiner Traumatisierung als
Kind habe ich aber immer das Thema der
eigenen psychischen Betroffenheit gehabt.
Und musste immer mit meiner Seele umgehen.
Und je älter ich wurde, hat es
nicht mehr so gut geklappt.
Bis ich letztendlich berentet wurde.
Bis ich letztendlich nicht
mehr arbeitsfähig war.
Und da kam ich dann
letztendlich auch zu dem Thema.
Ich möchte mich als Aktivist mit
Beeinträchtigung, Behinderung
auseinandersetzen und gucken, dass hier
Diskriminierung, Stigmatisierung nicht
mehr so viel Platz in der Gesellschaft
hat, wie es heute noch ist.
Das ist mein Engagement.
Das ist das, warum ich hier mitarbeite, warum
ich auch so ein Thema wie unterstützte
Entscheidungsfindung
für sehr zentral halte,
weil es eigentlich bedeutet, jeder Mensch
auf dieser Welt darf selbst entscheiden
und jeder Mensch auf dieser Welt,
ganz unabhängig davon, ob er eine
Behinderung hat oder keine Behinderung
hat, kann hierbei
Unterstützung gebrauchen.
Und das muss ihm gewährt werden.
Du hast einen Begriff erwähnt, den
vielleicht manche Zuhörer nicht kennen,
obwohl sie ihn natürlich kennen sollten,
und zwar die Kellerkinder
oder der Kellerkinder e.V..
Was macht ihr denn?
Der Kellerkinder e.V. ist
eigentlich ein Zusammenschluss
am Anfang gewesen von Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen, also
Menschen, die immer gucken müssen, dass
das mit ihrer Seele gut funktioniert und
ein bisschen auf ihre Seele Acht geben
müssen, weil es manchmal Situationen im
Leben gegeben hat, wo
Schwierigkeiten aufgetaucht sind, weil man
traurig war, weil man sich in eine andere
Realität gebeamt hat, damit man
diese Realität hier draußen aushält.
Und das sind einfach eben Aktivisten und
Aktivistinnen, die letztendlich für ihre
Rechte als Menschen mit psychischen
Beeinträchtigungen kämpfen
und sich dafür engagieren.
Ja, wir packen auch in die Shownotes,
also das sind ja immer
die zusätzlichen Infos
beim Podcast,
auch noch mal eure Adresse.
Und da findet ihr auch super viele
Videos und Infos zu ganz unterschiedlichen
Themen von und für Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen.
Okay, Christine, ich freue mich ganz doll,
dass du heute an dem Interview teilnimmst.
Ich finde das ein wichtiges Thema,
die unterstützte Entscheidungsfindung.
Und da dich ja die Zuhörer alle noch nicht
kennen, würde ich mich ganz doll freuen,
wenn du kurz ein bisschen was über dich
erzählst. Also, wie du
heißt, was du so machst,
also alles das, was du einfach gerne
erzählen möchtest, was andere
Menschen von dir wissen dürfen.
Ja, kann ich gerne machen.
Also mein Name ist Christine Pargmann.
Ich bin 32 Jahre alt, wohne in Berlin
in einer Wohnung mit meinem
Partner zusammen.
Ich arbeite praktisch im ersten Arbeitsmarkt
halt eben und also bei Getec Nueva.
Wir machen da Befragungen in
Werkstätten, in Wohnheimen, aber haben auch
so Projekte wie Kultur,
Barrierefreiheit halt eben.
Genau.
Nueva ist eigentlich aus Graz,
da ist der Ursprung und
wir machen so Befragungen in
Wohnheimen, in Werkstätten oder im BEW.
Und da geht es halt darum, wie sich die Leute
fühlen, also,
zum Beispiel "Hören die Betreuer zu
oder unterstützen die Betreuer einen?".
Hier gibt es einen Fragebogen, wo wir dann
die Fragen vorlesen.
Klar geheim, unter vier Augen und auch
wir haben Schweigepflicht und so und da gehen wir
dann in verschiedene Träger rein,
wo wir die Befragungen dann machen
Ja, was ich gerne mache?
Also ich hab Hobbys, ich hab einen Hund halt
eben, mit dem gehe ich gerne raus spazieren,
mach ganz viel
mit Freunden oder auch Sport.
Ich würde gerne nochmal wissen, wie kam
es eigentlich zu dieser Broschüre? Also
wer hat sich das überlegt? Und warum
gerade so eine Broschüre
als Entscheidungshilfe?
Also, erstmal, da muss ich jetzt ein bisschen,
ich könnte jetzt sagen, das ist alles auf
meinen Mist gewachsen, aber das stimmt
natürlich nicht. Es hat die Eva Buchholz,
die vorher bei der Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben gearbeitet hat, hat
eigentlich so das Grundkonzept zu diesem
Thema und zu dieser Broschüre erarbeitet.
Und Eva hat dann aufgehört bei der
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben
und man hat mich gefragt, ob ich eine
solche Broschüre letztendlich als
Projektleiter unterstützen würde.
Und ich habe mich dolle gefreut,
dass man mich gefragt hat.
Sehr schön.
Aber die Broschüre selbst ist natürlich
dann eigentlich erst entstanden.
Die Broschüre ist nämlich entstanden, weil
ich von vornherein gesagt habe,
ich möchte nicht entscheiden, was das für
eine Broschüre wird, sondern wir haben von
vornherein versucht,
mit Menschen mit unterschiedlichsten
Beeinträchtigungen, also jetzt im
besonderen Menschen mit
Lernschwierigkeiten und Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen
zusammenzubringen und die
entscheiden, was für Themen in dieser
Broschüre und zu diesem Thema
erörtert werden, wie die Broschüre aufgebaut ist, was ihnen wichtig ist.
Also an dieser Broschüre haben nur
Menschen mitgearbeitet,
die selbst betroffen sind.
Okay, wenn da so viele Menschen aus
eigener Betroffenheit mitgearbeitet haben,
was sind denn da jetzt konkret
für Inhalte daraus entstanden?
Am Anfang war die Idee, wir
werden ganz wissenschaftlich und machen so ganz schwierige Sachen.
Da haben aber alle entschieden,
das wollen wir nicht.
Also die Gruppe der Mitarbeitenden an
dieser Broschüre hat entschieden,
wir wollen was handfestes.
Das heißt, wir wollen eine Broschüre
haben, die wir im Alltag
auch nutzen können.
Das war die erste Entscheidung der Gruppe.
Und die zweite Entscheidung der Gruppe war,
wir wollen keinen Unterschied machen
zwischen Menschen mit Lernschwierigkeiten
und Menschen mit psychischen
Beeinträchtigungen.
Das heißt in Anführungszeichen, alle haben
das gleiche Recht und alle
sollen mitgenommen werden.
Deswegen, wer unsere Broschüren ansieht,
sieht, dass zum Beispiel die Broschüren
für Menschen mit Lernschwierigkeiten vom
Seitenumfang viel, viel größer sind als
die Broschüre für Menschen mit dem
Nutzen von schwererer Sprache.
Und das ist auch richtig so, weil wir
wollten eben, dass alle Inhalte
miteinander gemeinsam diskutiert werden.
Und nicht, die einen diskutieren ein
bisschen weniger, weil sie
Lernschwierigkeiten haben
und die anderen diskutieren
ein bisschen mehr.
Das heißt, wir haben auch die
Fachliteratur, die wir für
diese Broschüre genutzt haben,
in dem Projekt in leichte
Sprache übersetzt.
Da war immer viel zu lesen für die
Menschen mit Lernschwierigkeiten.
Aber sie sollten eben
vollumfänglich mitgenommen werden.
Jetzt würde ich gerne mit dir zum
eigentlichen Gesprächsthema kommen,
nämlich die unterstützte
Entscheidungsfindung. Und du hast ja an
dieser Broschüre mitgewirkt und ich würde
sehr gerne wissen,
warum hast du an der Broschüre mitgewirkt?
Was hatte dich an diesem Thema so
interessiert, dass du da
gerne mitarbeiten wolltest?
Also warum ich mitgemacht habe, war mir
wichtig zu wissen, dass alle
die gleiche Chance haben, mitzubestimmen
und was im Leben passiert halt eben.
Mir war das einfach wichtig gewesen, dass
ich auch als Mensch mit Beeinträchtigungen dort
mitmache und auch mitwirke,
dass ich dann zum Beispiel
auch meine Erfahrung damit
sagen kann, was wichtig ist. Also, es ist
generell ein wichtiges Thema halt eben,
dass man mitbestimmen kann
und so, wie man seine Zukunft
oder egal, halt eben gestaltet.
Und das soll für alle offen sein und
dass man mitbestimmen kann.
Deswegen habe ich dort mitgemacht,
weil mich das sehr interessiert hat.
Und finde sowas sehr
spannend, da mitzumachen.
Also eine gute Motivation und das
finde ich auch ein sehr wichtiges Thema
und ich mag die Broschüre auch sehr gerne
und hätte mir gewünscht, dass ich sowas auch früher schon mal gehabt hätte.
Da hätte ich mich manchmal glaube ich
besser entschieden in meinem Leben.
Ja, da kann ich davon singen.
Ja auf alle Fälle.
Hätte es früher gegeben, glaube ich, wäre mein
Leben ein bisschen anders gelaufen,
wenn es früher sowas gegeben hätte.
So eine Entscheidungsfindung
und so, wo man einfach zusammen,
zum Beispiel, was ich sagen wollte, ich war
mit meinem, also ich wohne ja in einer Wohnform, betreutes Einzelwohnen
und wir haben zum Beispiel unsere
Zukunftsplanung schon gemacht und so.
Und da wird auch ein bisschen halt zum Beispiel mitbestimmt,
was möchte ich denn in Zukunft machen?
Wohnen, Arbeit,
privat halt eben und das ist auch, finde ich,
gut, halt eben sowas, weil
früher gab es das nicht so halt eben.
Und ich sag mal so, wenn es früher so etwas
gegeben hätte, wäre mein Leben
ein bisschen anders verlaufen.
Ja, das verstehe ich gut. Was kann ich als
Mensch, der gerne Unterstützung haben
möchte und sich darüber informieren
möchte, was kann ich denn jetzt
mit dieser Broschüre machen?
Also erstmal beschreibt die Broschüre
eindeutig, dass es mein Recht ist.
Nach Artikel 12 der
UN-Behindertenrechtskonvention habe ich
das Recht, über meine notwendigen
Entscheidungen, wenn ich es
benötige, Unterstützung zu bekommen.
Das ist so erst mal dieser Rahmen.
Es ist nicht,
man darf es mir gewähren oder man darf es
mir nicht gewähren, sondern ich habe das
Recht auf Unterstützung in meinen
Entscheidungen, wenn ich es benötige.
Das ist so die Anfangsvoraussetzung gewesen.
Darüber informieren wir in der Broschüre
ein wenig. Und dann haben wir uns überlegt,
die Gruppe überlegt, was ist denn wichtig?
Und da war es am Anfang ganz doll wichtig,
einfach erst mal zu gucken, was
ist eigentlich eine Entscheidung?
Wir müssen doch davon ausgehen -
und das kennen viele Menschen,
die aus diesem Bereich kommen -,
dass man, wenn man eine Beeinträchtigung
hat,
es oft so ist, dass einem die Entscheidung
abgenommen wird, ohne dass man es
eigentlich überhaupt noch merkt.
Du machst das jetzt einfach.
Das ist gut für dich und
das ist gut für dich.
Dass also andere bestimmen, was für einen
gut ist und dass man gar nicht mehr
darüber nachdenkt, dass
andere für einen entscheiden.
Und das heißt, wir haben uns am Anfang der
Broschüre erst mal damit
auseinandergesetzt, "Was
ist eine Entscheidung?".
Wie wichtig ist eine Entscheidung?
Ja, und wir haben dann eben immer
versucht, in diesem Prozess von vornherein
die Möglichkeit zu bieten, dass man
mit dieser Broschüre mitmachen kann.
Man kann schreiben, "Was möchte ich
für eine Entscheidung treffen?".
Was brauche ich dafür?
Wie viel Zeit brauche ich dafür?
Wer soll mich unterstützen?
Am Anfang war also die Frage
"Was ist eine Entscheidung?".
Und danach stand die Frage an:
"Brauche ich für meine Entscheidung
Unterstützung und wie soll
diese Unterstützung aussehen?".
Und die Broschüre ist so aufgebaut, dass
ich diese Broschüre für jede wichtige
Entscheidung, die ich treffe, nutzen
kann, um mir einen Fahrplan zu machen.
Ein Fahrplan für eine gute
Entscheidung. In deinem eigenen Leben,
wenn du dich entscheiden möchtest für
irgendwas, nimmst du dann auch unterstützte
Entscheidungsfindung in Anspruch?
Und wie funktioniert das so am besten für
dich? Also, wer unterstützt dich
bei deinen Entscheidungen?
Also, wenn ich jetzt selber zum
Beispiel nicht mehr weiß,
was jetzt zum Beispiel
Sache ist, dann nehme ich schon halt
Unterstützung an und frage halt eben,
"Was kann ich machen?".
Entweder die Betreuer
und da halt eben Freunde, die ich dann frage halt
eben.
Oder mein Partner.
Aber ich rede eigentlich eher dann mit den
Betreuern oder auch mit meiner
Therapeutin, was ich dann um
Hilfe oder Rat dann machen kann.
Es gibt schon verschiedene Situationen, wo
ich dann so denke, "Ja, also
da wäre so ein Rat oder so ein Tipp
vielleicht nicht schlecht, was
ich machen könnte.", weil
manchmal ist es sehr schwierig halt eben und so.
Du hast kurz erzählt, ein bisschen von
dieser persönlichen Zukunftsplanung.
Macht ihr das auch bei euch?
Ich glaube, das muss man jetzt
auch machen in Wohnform,
wie ich das jetzt verstanden habe.
Früher
hieß es dann meist Klappe oben halt eben.
Und jetzt heißt es
persönliche Zukunftsplanung.
Da setzt man sich zusammen und redet halt eben:
Was sind deine Wünsche?
Was möchtest du gern erreichen?
Deine Ziele, egal in welchem
Lebensabschnitt, zum Beispiel privat, Arbeit,
Freizeit, Zukunft, und Schritt für Schritt halt eben alles.
Ich finde sowas gut.
Also ich hätte mir sowas früher
gerne mal gewünscht und so.
Aber naja, es ist ja gut,
dass es heute sowas gibt.
Du hast ja schon so ein
bisschen angeschnitten,
okay, Betroffene mit Lernschwierigkeiten
und Betroffene mit psychischen
Beeinträchtigungen haben da mitgemacht.
Aber wie habt ihr euch gefunden und wie
habt ihr dann letztlich
immer zusammengearbeitet?
Stichwort Corona-Pandemie alles
schwierig, bisschen anstrengend.
Wie habt ihr es dann geschafft, so
tolle Inhalte auf die Beine zu stellen?
Das war mächtig schwierig und ich glaube
einfach, dass es nicht geklappt hätte,
wenn wir alle nicht sehr tolerant
miteinander gewesen wären.
Das heißt, wir konnten uns eigentlich
nur einmal richtig treffen.
Wir haben einmal einen Workshop präsent
gemacht, wo Corona noch
nicht das große Thema war.
Und diese Präsenz, dieses Präsenz-Treffen
hatte natürlich neben dem, dass man
sich über den Inhalt ausgetauscht hat,
auch immer die Möglichkeit gehabt,
sich auch persönlich kennenzulernen.
Wir wussten natürlich, dass über Zoom,
was wir ab dann als Zoom-Formate gemacht
haben, es sehr, sehr schwierig wird,
wieder diese Vertrautheit hinzubekommen.
Das heißt, Corona hat uns schon mächtig
beeinträchtigt, aber wir waren
dann immer sehr diszipliniert.
Wir haben am Anfang so Runden
gemacht: "Wie geht es uns?"
Wir haben erst mal miteinander
erzählt, um warm zu werden.
Und alle Beteiligten haben sehr, sehr
diszipliniert mitgearbeitet, weil
ihnen das Thema auch so wichtig war.
Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass sie
nicht so diszipliniert mitgearbeitet
hätten und ich hätte wieder mehr oder
weniger eine fremdbestimmte
Entscheidung treffen können.
Das hat die Gruppe aber nicht zugelassen,
was ich im Nachhinein superklasse fand.
Ja, sehr schön.
Alles klar.
Gut.
Ja, klingt nach einer
guten Gruppendynamik.
Also Stichwort Gruppendynamik.
Wie war es denn so innerhalb
der Gruppen oder Gruppe?
Was gab es da so für Diskussionsbedarf?
Und was waren vielleicht auch so ein
bisschen strittige Punkte bei
der Erstellung der Broschüre?
Na ja, es war
sehr, sehr strittig, wie ich
das schon am Anfang erzählt habe.
Es war sehr, sehr strittig, weil ich
glaube, es gab eben Vertreter:innen, gerade
aus dem Bereich von Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen, die so
eine Broschüre gerne gehabt hätten,
die sehr faktenbasiert ist.
Das heißt,
auch ein bisschen schwieriger in der
Sprachanwendung, aber so faktenbasierter
und viel mehr rechtsbasierter
und viel mehr über dieses Thema
"Wir werden diskriminiert" in diese
Broschüre reinkommt und "Wir wollen
nicht mehr diskriminiert werden.".
Aber ich muss da ganz eindeutig sagen, da
hat sich die Gruppe von Menschen mit
Lernschwierigkeiten sehr durchgesetzt bzw.
die anderen haben verstanden, dass wir
gucken müssen, dass wir gemeinsame Bedarfe
haben und dass wir uns einigen müssen
auf den Bedarf.
Und dann, das war, glaube
ich, der anstrengendste Prozess,
hat sich die Gruppe darauf geeinigt,
dass diese Broschüre eine Praxis-Broschüre ist, die letztendlich Leuten in
ihrem direkten Handeln die
Unterstützung gibt, die sie benötigen.
Und als wir das gemeinsame Ziel
miteinander erarbeitet haben,
lief das auch super gut.
Du hast ja dann an dieser Broschüre
mitgearbeitet und ich wollte gerne wissen,
wie hat dir denn so die Mitarbeit
an der Broschüre gefallen?
Die Mitarbeit hat mir sehr gut gefallen.
Also, es war sehr spannend gewesen, dass
Menschen mit und ohne Beeinträchtigung,
zum Beispiel Menschen wie ich mit
Lernschwierigkeiten und Psyche halt eben, also ich
habe ja zwei Diagnosen, und Menschen mit
Psyche zusammengearbeitet haben.
Und ich fand das sehr toll halt eben,
dass wir Menschen mit unterschiedlichen
Behinerungen zusammengearbeitet
haben, übergreifend.
Und das fand ich so toll.
Und da hat mir die Arbeit
richtig viel Spaß gemacht.
Ich fand es sehr toll, wo
wir uns alle live gesehen haben.
Der Zoom war auch toll gewesen.
Ja, aber ich fand das total toll.
Plus Corona halt eben
war das immer ein bisschen schwierig
gewesen, über Zoom was zu machen.
Weil es war für mich persönlich immer zu
anstrengend gewesen, die ganze Zeit über Zoom
was zu machen.
Mir hat es sehr gefallen, wo wir uns
live getroffen haben, aber naja, kann
man nichts machen und Corona ist Corona, aber
ansonsten war das richtig toll gewesen halt eben,
die Zusammenarbeit. Gab es irgendwas in
der Zusammenarbeit, was auch ein bisschen
schwierig war, wenn ihr über bestimmte
Themen gesprochen habt oder
so? Oder wo du gedacht hast,
das wird jetzt aber anstrengend?
Ist ja manchmal so!
Ja, manchmal gab es halt eben so Momente,
wo ich gedacht habe, das ist mir zu
schnell oder ich brauchte selber Pause,
weil mir das zu lang ist und so.
Aber da haben die ganz gut mit reagiert.
Sie haben dann, wenn ich gesagt habe, ich brauch
Pause, dann haben Sie mir das noch mal
gesagt, in
leichter Forum
halt eben.
Und das fand ich ganz gut.
Wenn du so über dein Leben nachdenkst, wo
findest du, dass unterstützte
Entscheidungsfindung
stärker angewendet werden sollte?
Also entweder bei dir in deinem eigenen
Leben, aber auch mit den Leuten, mit denen
du in deinem Job so gesprochen hast,
aus den Werkstätten und Wohngruppen und so.
Wo wäre unterstützte
Entscheidungsfindung wichtig?
Na, ich denke überall
halt eben, in Wohnformen,
im Privaten halt eben.
Oder wenn man zum Beispiel grad aus der
Schule raus kommt halt eben, gerade für junge Leute,
dass sie dann wissen, was sie dann machen möchten.
Oder halt eben in den Werkstätten, dass
man da persönliche Zukunftsplanung
macht, dass man sagt, "Okay, ich möchte
gerne auf den ersten Arbeitsmarkt."
und so. Was ist deine Zukunft, deine Wünsche? Mir
wäre es wichtig halt eben,
wenn das nicht nur einmal im Jahr stattfinden
würde, zum Beispiel
wie bei mir halt eben, sondern dass man
sagt, okay, man macht das halt eben.
Und dann setzt man sich nochmal zusammen
und kuckt, ob die Ziele
erreicht worden sind.
Weil, ich finde einmal im Jahr ist ganz schön wenig.
Klar hat man Ziele vor Augen,
aber ich denke mir mal, es
ist ein langer Prozess halt eben.
Und da wäre das manchmal gut
oder nett, wenn man halt eben
sich mehrere Male zusammensetzt
und so. Und das dann da auch in der Sache,
ok, was kann man machen?
Und so.
.
Also ich denke mir mal, dass das
überall eingesetzt werden kann.
Aber auch für Menschen, die keine
Beeinträchtigung haben, ist das
manchmal auch nicht grad schlecht.
Okay, gibt es noch irgendwas,
was du gerne sagen möchtest?
Also mir wäre wichtig, dass das in
Zukunft weiterhin genutzt wird,
die Broschüre, dass das,
was wir erarbeitet haben, dass es gut
genutzt wird und dass das Thema
mehr relevanter wird.
Also
so wie Inklusion halt eben, dass das Thema
einfach mehr im Vordergrund steht, eben,
dass man mehr dazu redet,
dass das wichtig ist.
Das wäre so mein Wunsch. Und dass man auch
die Leute in der Sache dann auch ernst nimmt.
Ja, sehr schön. Ganz vielen Dank! Wo ist
die Broschüre erhältlich und was macht ihr
denn, um die Broschüre und dieses ganze
Thema noch weiter in die
Öffentlichkeit zu tragen?
Also, die Broschüre ist erhältlich auf der
Internetseite der Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben.
Einmal in schwerer Sprache, das ist eine
Broschüre. Und einmal in leichter Sprache,
das sind zwei Broschüren. Eine Broschüre,
wo sehr genau erklärt wird, was
Entscheidungen sind und erklärt wird, wie
unterstützte Entscheidung funktioniert.
Und eine zweite Broschüre in Leichter
Sprache,
die Broschüre heißt "Das Mitmach-Heft", in
der man dann die Möglichkeit hat, mit
diesem Heft einfach mal eine Entscheidung
an sich, die man treffen möchte, einfach
zu dokumentieren, die Schritte ganz
gezielt nacheinander abzuarbeiten, um
zu einer guten Entscheidung zu kommen.
Wir hatten eine fantastische Veranstaltung
Ende November zu dem Thema "Unterstützte
Entscheidungsfindung" in dem Format
"Talk im Keller", was die Kellerkinder
seit einiger Zeit anbieten.
Und in diesem Format haben
Menschen wie Susanne Göbel als Mensch,
der sie in leichte Sprache übersetzt hat,
wie die Christine, die wir eben gehört
haben, miteinander darüber diskutieren,
wie wichtig unterstützte
Entscheidungsfindung ist und wie wichtig
es ist, dass es immer mehr Möglichkeiten
und immer mehr Methoden gibt, um eine
gute, unterstützte Entscheidungsfindung
für jeden Einzelnen anzubieten.
Das Thema "Unterstützte
Entscheidungsfindung",
wie wird das heute überhaupt
in der Praxis angewandt?
Also entweder bei Behörden
im Betreuungsrecht, aber einfach auch bei der
Einzelfallhilfe in der
Sozialarbeit allgemein.
Überall, wo Menschen irgendwie
Unterstützung in Anspruch nehmen.
Spielt das Thema da überhaupt eine Rolle?
Oft falsch übersetzt.
Falsch übersetzt ist nämlich, dass
viele Sozialarbeiter, aber auch viele
Betreuungsrichter oder Berufsbetreuer,
die in dem Feld arbeiten, sagen würden, "Wir
machen schon immer unterstützte
Entscheidungsfindung.".
Und sie sehen aber in diesem Thema
unterstützte Entscheidungsfindung
eigentlich die
ersetzende Entscheidung.
Das heißt, wenn Menschen sich gerade nicht
entscheiden können, weil sie vielleicht in
einer Krise sind oder weil sie viel Zeit
dafür brauchen, eine gute Entscheidung zu
treffen, entscheiden diese
Betreuenden für sie.
Das ist für Sie die unterstützte
Entscheidungsfindung.
Ich glaube, dass es in all den
sozialarbeiterischen, aber auch in den
betreuungsrechtlichen Kontexten
eben noch kein klares Format hat,
diese unterstützte Entscheidungsfindung.
Dass die, sage ich mal,
menschenrechtliche Schulung von solchen
Personen auch zum Thema unterstützte
Entscheidungsfindung gar nicht
vorhanden ist oder rudimentär.
Ich glaube, dass gerade diese Menschen,
die ganz direkt
mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu tun
haben, die als Unterstützer:innen an ihrer
Seite sind, klar wissen müssen, dass
unterstützte Entscheidungsfindung bedeutet,
der Mensch gegenüber, den Menschen, den
ich begleite, dessen Assistent ich bin,
der Mensch entscheidet.
Ich kann ihm dabei
Entscheidungshilfen geben,
aber entscheiden tut der Mensch und er
entscheidet auch über die
Entscheidungshilfen, die ich ihm gebe.
Ich glaube, dass diese Idee der
unterstützten Entscheidungsfindung
innerhalb des Unterstützungssystems noch
eine sehr, sehr geringe Bedeutung hat.
Und es ist notwendig, dass es eine
umfängliche menschenrechtliche
Unterweisung, ich sage das mal so ganz
knallhart, dieser Berufsgruppen geben muss,
damit sie dieses Format auch richtig
anwenden und nicht wieder in die
fremdbestimmte Fürsorge kommen.
Ja, ich glaube, dass zum Beispiel
dieses Format "Persönliche Zukunftsplanung"
eigentlich schon so eine gute Idee hat,
dass Menschen sich Unterstützung in den
wichtigen Fragen ihres Lebens holen.
Das ist, glaube ich, ein Format, was
eigentlich so ganz langsam Einzug hält,
aber letztendlich auch ein Format, was aus
der Community von Menschen
mit Behinderung kommt.
Was immer schwierig ist für die Fachwelt,
wenn ein Format aus der Community der so
genannten betroffenen Hilfsbedürftigen
kommt, das ernst zu nehmen.
Aber ich glaube, zunehmend
interessiert sich die Fachöffentlichkeit
auch in diesen sozialen Berufen dafür.
Ich glaube auch, dass zunehmend so eine
menschenrechtliche Sichtweise von
Behinderung und Beeinträchtigung
Einzug erhält, ganz langsam Einzug erhält,
indem natürlich die unterstützte
Entscheidungsfindung ein nicht
unwesentliches Element ist.
Und ich glaube, in diesem Zusammenhang habe
ich natürlich die Hoffnung,
dass es besser wird.
Andererseits sehe ich natürlich auch,
dass es oft bezüglich einer schlechten
Personalsituation in Einrichtungen
eher immer wieder auf diese
ersetzenden Entscheidungen gesetzt wird
und dass gerade Menschen mit
Lernschwierigkeiten, was ich noch mal
besonders schwierig finde, wenn Menschen
mit Lernschwierigkeiten, ihnen nicht
zugetraut wird, eine eigene Entscheidung
zu treffen und die anderen meinen, sie
müssten für sie entscheiden. Das ist
gerade in der Gruppe, denke
ich mir, noch erheblich.
Was wünschst du dir denn für die Zukunft
der unterstützenden Entscheidungsfindung?
Ich finde für die Zukunft der
unterstützten Entscheidungsfindung, dass
alle Berufe,
die mit Unterstützung für Menschen mit
Beeinträchtigungen und Behinderungen
qualifiziert werden, dass sie
prinzipiell die unterstützte
Entscheidungsfindung als ihr Handlungsschema
nutzen. Das es immer so ist, dass
jede Entscheidung, die Menschen mit
Beeinträchtigung treffen, für die sie
Unterstützung brauchen, immer gefördert
wird und dass es keine fremdbestimmte
ersetzenden Entscheidungen mehr gibt.
So, das würde ich mir wünschen.
Das wird ein langer Prozess werden im
Betreuungsrecht. Auch in
der neuen Gesetzesvorlage
zum neuen Betreuungsrecht
hat die ersetzende Entscheidung immer
noch ein viel zu großes Gewicht.
Okay.
Ja, ganz herzlichen Dank für das
schöne Interview.
Ich habe mich sehr gefreut und ich bin mir
sicher, die Zuhörer:innen werden sich auch freuen.
Ja, wie ist das eigentlich bei dir,
Alex? Wenn du Entscheidungen treffen musst,
wie holst du dir Unterstützung
oder wie machst du das überhaupt?
Also, wir bei ISL sind ja sozusagen
alles Menschen mit einer Behinderung.
Und das fängt ja schon relativ früh an.
Also man muss ja immer unterscheiden,
wenn ich jetzt spreche,
ab wann habe ich sozusagen das Wissen
bekommen darüber, seitdem ich
bei der ISL tätig bin, bzw.
wie ging es mir früher als
Jugendlicher zum Beispiel?
Was habe ich gemacht, wenn ich zum
Beispiel ein Hilfsmittel brauchte?
Und wenn
meine Eltern zum Beispiel sich nicht in
diesem ganzen Rechte-Dschungel auskennen,
wo holt man sich da Unterstützung?
So als unwissender
Jugendlicher zum Beispiel.
Und bei mir hat es damals angefangen,
dass ich einen Rollstuhl bekommen habe.
Das hat noch alles wunderbar funktioniert.
Aber als ich zum Beispiel ein Handbike haben
wollte, weil ich genauso Fahrradfahren
wollte wie meine Freunde, da hat die
Krankenkasse damals zum Beispiel schon abgelehnt.
Und dann hat irgendwann mal bei uns zu Hause
ein Krankenkassen-Berater angerufen.
Und dann habe ich dem gesagt, dass ich
bald in einer Talkshow eingeladen bin.
Und plötzlich hat er
dieses Handbike genehmigt.
Das fand ich sehr interessant, weil früher
konnte man irgendwie noch so ein bisschen
drohen mit Öffentlichkeit und Medien, was
heute irgendwie nicht
mehr so gut funktioniert.
Und in den letzten Jahren habe ich so
herausgefunden, dass man auf alle Fälle
immer in den Widerspruch gehen sollte,
denn eine Studie hat ja auch gezeigt, dass
die Hälfte aller Widersprüche genehmigt
werden von den Leistungsträgern.
Und das ist schon eine ziemlich krasse Zahl.
Das heißt, die schicken halt einen Brief
mit einer Ablehnung raus und ich brauch
dem sozusagen nur widersprechen
und bekomme zu 50 Prozent die Leistung.
Und bei den anderen Sachen, da muss man
halt gucken, wo kann man
sich Unterstützung holen.
Also, jetzt bin ich ja schon ein paar Jahre
bei der ISL und habe da so ein
paar Instrumente kennengelernt.
Also, es gibt ja Schlichtungsstellen und es
gibt auch Widerspruchsverfahren bei
Krankenkassen,
die auch relativ hochrangig laufen.
Und natürlich, es gibt auch anwaltliche
Erstberatung und es gibt seit 2018 ja
die Teilhabe-Beratungsstellen der EUTB,
der "Ergänzenden Unabhängigen Teilhabe-
Beratung", wo man sich von Menschen mit
Behinderungen beraten lassen kann,
professionell.
Und ich glaube, das ist auch ein guter
Weg, um sich sozusagen erst mal
überhaupt einen Überblick zu verschaffen.
Welche Ansprechpartner habe ich überhaupt?
Und es gibt auch Rechtsanwälte, die pro
bono, also für umsonst, gratis, auch
Sprechstunden anbieten.
Und da kann man sich ja auch hinwenden.
Und natürlich, man hat das Internet, man
kann sich dort versuchen,
Informationen herauszufiltern.
Aber ich glaube, man hat eine
ganze Menge Möglichkeiten,
als das, was man noch vor 20 oder
25 Jahren hatte, als man noch kein
Internet hatte,
als man noch irgendwie zu Hause gewohnt
hat und irgendwie
abgeschottet war in einer Sonderwelt.
Von daher können wir alle nur dazu
ermutigen, sich nichts gefallen zu
lassen und auch alles zu hinterfragen.
Wir hoffen, dass euch diese Folge gefallen
hat und wir würden uns freuen, wenn ihr
auch bei den nächsten Folgen dabei seid.
Und wir bedanken uns erst einmal sehr
herzlich, dass ihr eingeschalten habt und
wir hoffen, wir hören uns bald wieder.
Euer Team der ISL.
Dieser Podcast wird ermöglicht durch die
Förderung vom Bundesministerium
für Arbeit und Soziales.
Das lasse ich mir nicht bieten.
Der Podcast über Wege durch den Rechte-Dschungel.
Eine Produktion von ISL
Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben e.V.
Mehr Informationen und Kontaktaufnahme
über die Webseite
www.isl-ev.de