Das lasse ich mir nicht bieten

ISL e.V. - Jessica Schroeder
Since 11/2021 7 Episoden

Behinderte Menschen in Triage-Situationen wirksam vor Diskriminierung schützen

Jessica Schröder im Gespräch mit Hans-Günter Heiden

26.01.2022 39 min

Zusammenfassung & Show Notes

Am 28. Dezember 2021 hat das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zu einer Beschwerde, die neun Beschwerdeführer*innen mit Behinderung, im Sommer 2020 eingereicht haben, verkündet. Die Beschwerdeführer*innen hatten zurecht gerügt, dass behinderte Menschen in Situationen auf Intensivstationen, bei denen nur noch knappe intensivmedizinische Ressourcen wie Beatmungsplätze und Intensivbetten vorhanden sind, bei der Entscheidung, wer diese Ressourcen erhalten darf, massiv benachteiligt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat den Beschwerdeführer*innen in seinem Entscheid Recht gegeben und die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah Maßnahmen zu ergreifen, die Diskriminierungen von behinderten Menschen bei der Zuteilung knapper intensivmedizinischer Mittel gezielt entgegenwirken und verhindern. Der Beschluss ist ein sehr wichtiger Schritt in eine positive Richtung, damit behinderte Menschen eine faire und gleichberechtigte Chance auf intensivmedizinische Versorgung bekommen, selbst in Fällen, bei denen entschieden werden muss, wer diese Ressourcen erhalten wird.

Hans-Günter Heiden vom Netzwerk Artikel 3 (NW3), hat sich besonders stark in die Diskussion zur Triage mit eingebracht und durch die Erarbeitung von Stellungnahmen, Infomaterialien und digitalen Diskussionsplattformen, die Gesellschaft für das Thema sensibilisiert und einen konstruktiven Austausch befördert. Im Interview berichtet Günter Heiden von seinen Aktivitäten, gibt eine Einschätzung zum Entscheid des Bundesverfassungsgerichts und erläutert, was er sich vom Gesetzgebungsprozess der Bundesregierung erhofft.

 

Weitere Infos 
Broschüre zum Thema Triage von NW3: „Was sie über die Triage wissen müssen“ 

Diskussions- und Informationsplattform zum Thema Triage: Runder Tisch Triage 

Informationsveranstaltung des Landesbehindertenbeauftragten der Freien Hansestadt Bremen: „Triagesituationen diskriminierungsfrei gestalten“ 

Transkript

Fragen über Fragen. Nach über 100 Bewerbungen wurde ich noch immer nicht für ein Bewerbungsgespräch eingeladen. Woran liegt das? Warum hat mein Spielplatz keine gute Rampe? Wieso dauert es eine Ewigkeit, bis ich meinen elektrischen Rollstuhl bewilligt bekomme? Das lasse ich mir nicht bieten. Der Podcast über Wege durch den Rechtedschungel. Mit diesem Podcast möchten wir gemeinsam auf die Suche nach einigen Antworten gehen. Konkret setzen wir uns mit der UN-Behindertenrechtskonvention auseinander und schauen, wie diese im Sozialrecht, im Arbeitsrecht oder in anderen Rechtsbereichen durchgesetzt wird. Dieser Podcast möchte behinderte Menschen darin unterstützen, ihre Rechte effektiv durchzusetzen, Fremdbestimmung entgegenzuwirken und Selbstbestimmung zu fördern. Für euch heute am Mikrofon. Jessica Schröder. Hallo und herzlich willkommen zu unserem Podcast "Das lasse ich mir nicht bieten - Wege durch den Rechte-Dschungel." Heute sprechen wir über das Thema Triage. Die meisten von euch haben sicherlich schon vom Entscheid des Bundesverfassungsgerichtes gehört, dass im Fall einer Triage der Gesetzgeber, also die deutsche Bundesregierung, wirksame Schutzvorkehrungen treffen muss, damit behinderte Menschen in so einem Fall nicht benachteiligt werden. Was bedeutet Triage eigentlich? Triage bedeutet, dass, wenn auf Intensivstationen nicht mehr genug Beatmungsplätze, Intensivbetten und andere intensiv- medizinische Maßnahmen vorhanden sind, die das Leben von Menschen retten helfen können, dass dann entschieden werden muss, wer wird noch gerettet und wer nicht? Neun Beschwerdeführer*innen, die diese Verfassungsbeschwerde eingereicht haben, befürchten oder haben befürchtet, dass sie im Fall einer Triage benachteiligt werden würden, also dass überhaupt Menschen mit Beeinträchtigungen ganz per se in so einem Fall benachteiligt werden würden und dann letztlich keine intensivenmedizinischen Maßnahmen erhalten würden. Ihre Befürchtungen stützen sich auf ziemlich konkrete Fakten, die sehr erschreckend sind. Hier, auch in Deutschland, kam es ja schon oft zu Situationen, wo man eigentlich befürchten muss, dass Triage bereits stattfindet. Falls nicht auf Intensivstationen, was wir nicht wissen können, dann oft schon im Vorhinein, dass beispielsweise Menschen, die in Pflegeeinrichtungen wohnten, in Pflegeheimen oder anderen Einrichtungen gar nicht erst die Möglichkeit hatten, eine Behandlung auf einer Intensivstation zu erhalten. Aber selbst, wenn man die Möglichkeit hat und noch auf eine Intensivstation zugelassen wird, dann kann es eben auch bedeuten, wenn es nicht genug Beatmungsplätze gibt, dass man nicht mehr behandelt wird. Für diesen Fall haben intensivmedizinische Fachgesellschaften Leitlinien erarbeitet, die aufzeigen sollen, wie man in so einem Falle handeln sollte. Also das bedeutet die Ärztinnen und Ärzte. Dafür haben sie sich orientiert an der sogenannten klinischen Erfolgsaussicht. Das bedeutet: Hat ein Mensch noch die Chance, eine Corona-Infektion mithilfe intensivmedizinischer Maßnahmen realistisch zu überleben? Das muss man ja irgendwie messen. Also haben die medizinischen Fachgesellschaften Kriterien erarbeitet, die den Ärzt*innen, anderen medizinischen Fachkräfte dabei unterstützen sollen, das eben zu bewerten. Diese Kriterien sind aber so gestrickt, dass sie Menschen mit Beeinträchtigungen ganz oft außen vor lassen, so dass diese kaum eine Möglichkeit haben, überhaupt von intensivmedizinischen Maßnahmen zu profitieren. Dort gibt es beispielsweise Skalen, die ziemlich eindeutig aufzeigen, dass Menschen, die zum Beispiel auf Assistenz angewiesen sind, einen hohen Pflegegrad haben und beispielsweise noch andere Begleiterkrankungen haben, wie Krankheiten des Herzens, der Niere, der Leber oder der Lunge, viel weniger Chance haben, überhaupt intensivmedizinische Maßnahmen zu erhalten, weil man dann generell davon ausgeht, na ja, deren Erfolgsaussicht, diese Erkrankung zu überleben, ist ja nicht so besonders hoch. Das ist natürlich super diskriminierend und bedeutet letztlich auch für relativ viele Menschen mit Beeinträchtigungen: Wenn diese Skalen und diese Parameter in so einem Fall wirklich angewandt werden würden, dass sie überhaupt keine Chance haben, lebensrettende Maßnahmen zu erhalten und in Konsequenz sterben müssten. Dagegen haben sich diese neun Beschwerdeführer*innen gewehrt und haben in ihrer Verfassungsbeschwerde deutlich gemacht, dass diese Leitlinien im Fall einer Triage diskriminierend sind und beeinträchtigte Menschen von vornherein ausgrenzen und benachteiligen. Glücklicherweise hat das Bundesverfassungsgericht das auch so gesehen und entschieden, dass der Gesetzgeber, also die deutsche Bundesregierung, jetzt unverzüglich handeln muss. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht genau dargelegt, was der Gesetzgeber genau tun muss, also ob er zum Beispiel Kriterien aufstellen muss, die weniger wertend sind und beeinträchtigte Menschen nicht benachteiligen oder nur Verfahrensregeln aufstellen muss, wie zum Beispiel eine Triage durchgeführt werden muss, also ob mehrere Leute daran beteiligt sein müssen, wer daran beteiligt sein muss, wie das dokumentiert wird oder gesagt, okay, wir stellen Negativkriterien auf. Also was darf auf keinen Fall eine Rolle spielen? Der Gesetzgeber hat da einen ziemlich weiten Spielraum. Aber wir können alle dazu beitragen, dass eben dieser Spielraum so ausgenutzt wird, dass Menschen mit Beeinträchtigungen wirklich wirksam geschützt werden. Denn das hat das Bundesverfassungsgericht noch einmal betont, dass es unglaublich wichtig ist und geboten, laut dem Grundgesetz und der UN-Behindertenrechtskonvention, dass Menschen mit Beeinträchtigungen im Fall einer Triage wirksam geschützt werden und genau die gleiche Chance erhalten auf eine intensivmedizinische Behandlung wie nichtbehinderte Personen. Ich habe mich zu diesem Thema mit Hans-Günther Heiden unterhalten, der Mitbegründer des "Netzwerk Artikel 3" ist und zum Thema Triage eine Menge gemacht hat. Was genau, was er vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts hält und vieles mehr, erfahrt ihr im folgenden Interview. Also ich freue mich sehr, dass du bei uns im Podcast zu Gast bist. Viele Menschen und viele Verbände kennen dich ja schon sehr lange. Aber für diejenigen, die dich noch nicht kennen, würde ich mich sehr freuen, wenn du mir kurz ein bisschen deinen Hintergrund erläuterst, zum Beispiel erklärst, was dich eigentlich motiviert hat, mit behinderten Menschen so aktiv und selbstvertretend zusammenzuarbeiten. Was du schon so gemacht hast und damit die Leute so einen kleinen Eindruck bekommen. Ja okay, danke für die Einführung. Also, ich versuche es kurz zu machen, da ich seit über 30 Jahren, seit 1986, aktiv bin. Und das hat damals angefangen beruflich. Da war ich in Baden-Württemberg Chefredakteur der Zeitschrift "Leben und Weg" vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter, war auch da verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit. Und habe dann eine Tagung gemacht, die eigentlich für die Verfassungsergänzung seinerzeit maßgeblich war zum Mobilitätsgesetz. Zum Hintergrund: Das war damals, die USA haben ein neues Gesetz gemacht, American With Disabilities Act, und das wollten wir auch in Deutschland haben. Und aus dieser Tagung raus habe ich dann den Initiativkreis "Gleichstellung Behinderter" mitgegründet und die haben dann die Vorbereitungen für ein Gleichstellungsgesetz und für die Verfassungsergänzung gemacht. Und diese Verfassungsergänzung durfte ich auch mit koordinieren, die schlussendlich erfolgreich war. Ich war dann als freiberuflicher Publizist anschließend auch noch natürlich mit dabei beim Kampf um ein Behinderten- Gleichstellungsgesetz, das wollten wir auch noch erreichen. Und aus diesen Initiativkreis, den ich mitgegründet hatte, ist dann das "Netzwerk Artikel 3" geworden. Wir wollten es auf eine breitere Basis stellen. Das hat dann auch geklappt 2002 mit dem Behinderten-Gleichstellungsgesetz. Und dann kamen ja auch schon parallel die Vorarbeiten zur UN-Behindertenrechtskonvention in New York. Da war ich als Assistent mit dabei und habe dann, als die Konvention dann wirklich in trockenen Tüchern war und Deutschland auch zugestimmt und ratifiziert hatte, habe ich dann den Bericht der Zivilgesellschaft, den ersten Bericht der Zivilgesellschaft, zur Berichterstattung, zur Konvention koordiniert und damals die sogenannte BRK-Allianz gegründet. Das war dann auch ganz erfolgreich, wir haben einen schönen Parallel-Bericht gemacht mit 78 Organisationen. Ich war dann weiterhin publizistisch aktiv und das führte mich natürlich dazu, dass ich auch bei Dingen, die mich dann ärgern und aufregen und mich bewegen, wie die Triage- Thematik, Partei ergreife und Stellung ergreife. Und das war es vielleicht mal in aller Kürze. Im März 2020 haben ja sieben intensivmedizinische Fachgesellschaften Leitlinien zu diesem Thema erarbeitet und das "Netzwerk Artikel 3" war eine der ersten Organisationen, die diese Leitlinien überhaupt kommentiert haben und sich zur Thematik geäußert haben. Was hat euch damals an diesen Leitlinien so bewegt, dass ihr die kommentieren wolltet? Was habt ihr konkret kritisiert und was wolltet ihr damit erreichen? Als wir das im März 2020, da hat ja die Pandemie angefangen, es gab die Bilder aus Italien, aus anderen Ländern von den Intensivstationen und als wir dann diese Stellungnahme der Fachgesellschaften, ich nenne es mal die DIVI-Richtlinien, das ist ein bisschen verkürzt und wir haben uns furchtbar geärgert und haben gedacht, das kann nicht sein. Diese Richtlinien diskriminieren Menschen mit Behinderungen. Und dann hat das "Netzwerk Artikel 3" zusammen mit der ISL eine Stellungnahme gemacht. Wie du sagtest, eben ganz schnell und wir haben vor allen Dingen kritisiert, das war die Headline - "Behinderung darf kein Kriterium sein." Das war das erste und haben dann aber auch gesagt, es darf auch keine mittelbare Diskriminierung sein. Und die DIVI hat anschließend gesagt, na ja, wir wollen ja Behinderte gar nicht benachteiligen, das liegt uns ja so fern. Pustekuchen. Wenn man sich genau das Papier mal anschaut, da werden Kriterien eingeführt, speziell die sogenannte Gebrechlichkeitsskala, die mittelbar zu einer Diskriminierung führt. Wir haben gesagt, das darf nicht sein, dass da solche Kriterien angewandt werden. Und unsere Forderung war auch noch, dass medizinisch-ethische Empfehlungen menschenrechtsbasiert sein müssen. Und zum Schluss ganz allgemein, wenn es um solche Kriterien geht, um solche Empfehlungen, wollten wir auch gemäß dem Motto "Nichts über uns ohne uns", dass Menschen mit Behinderung an diesen Empfehlungen, die sie ganz stark betreffen, mitbeteiligt sind. Du hast ja gesagt, das war halt ein Thema, eben diese Kommentierung der Leitlinien. Aber das Thema hat euch ja danach weiter umgetrieben. Ich weiß nicht, ob ihr zum Beispiel Resonanz erhalten habt, weil ihr euch dann dazu entschieden habt, das Thema auf eine breitere gesellschaftliche Diskussionsbasis zu stellen. Und da habt ihr einen digitalen Runden Tisch zum Thema Triage initiiert und ich würde gerne wissen, wie hat das genau funktioniert, dieses digitale Format? Und was wolltet ihr konkret mit diesem Aufruf zur Diskussion erreichen? Es war ja so, dass es, Ende März waren, unsere Stellungnahmen, und jedes Jahr am 5. Mai sind natürlich die Aktionen der Behindertenverbände gegen ihre Diskriminierung. Und da war unsere Idee vom Netzwerk, aha, eigentlich könnten wir diesen 5. Mai auch nutzen, um doch nochmal verstärkt in das Thema einzusteigen. Und in dieser Anfangszeit, als die Triage rauf und runter diskutiert wurde in den Presseorganen, war es eigentlich so, dass sich vor allen Dingen Medizinjuristen oder Medizinethiker zu Wort gemeldet haben und Fachleute aus der Intensivmedizin. Und das war eine ziemlich abgehobene Diskussion, also das zwar ziemlich komplex. Ist es ja auch heute noch. Und dann war die Idee, eigentlich müssten wir die Diskussion verbreitern, in die Fläche bringen, dass nicht nur ein paar Hansels und Gretels, die sich da spezialisiert haben, zu Wort kommen können, sondern viel mehr Leute. So, und dann haben wir dies als eine Diskussionsplattform aufgesetzt und haben dann erst mal Mitstreiterinnen und Mitstreiter gesucht. Das "Netzwerk Artikel 3" ist dann aktiv geworden und wir haben dann gefunden auch die Caritas Psychiatrie Behindertenhilfe, die halt auch sehr stark in Diskussionen sich schon engagiert hat, und das Forum behinderter Juristinnen und Juristen. Zusammen mit der Liga Selbstvertretung ein Zusammenschluss von 13 Selbstvertretungsorganisationen in Deutschland. Und wir haben dann gesagt, wir wollen drei Ziele verfolgen. Das erste Ziel: Wir wollen die Diskussion verbreitern. Das ist uns ganz wichtig. Es darf keine reine Expert*innen-Diskussion sein. Das zweite Ziel war: Der Bundestag darf da nicht schweigen. Es gibt, was weiß ich, zum Thema Sterbehilfe, zum Thema Schwangerschaftsabbruch, und und und und und, immer große breite Diskussionen, Sternstunden des Parlamentarismus wird gesagt. Und ausgerechnet zu diesem Thema soll der Bundestag nichts sagen? Das wollten wir nicht hinnehmen und haben gesagt, der Bundestag darf nicht schweigen. Das war unser zweites Ziel. Und zum Dritten wollten wir auch noch versuchen, Prinzipien selber zu entwickeln um da eine inhaltliche Stellungnahme hinzubekommen, um uns auch mit unserer Stellungnahme einzumischen und wollen dann auch quasi den Bundestag bzw. die Gremien damit beraten in der Diskussion. So, das waren unsere Ziele. Und wir haben dann acht Themen in dieser Diskussionsplattform aufgesetzt. Zum Beispiel, welche menschen- und verfassungsrechtlichen Grundlagen sind zu beachten bei Priorisierungsentscheidungen? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es bisher? Wer trifft die Priorisierungentscheidung in so einer Notfallsituation? Was bedeuten zum Beispiel die Begriffe Dringlichkeitsprinzip oder klinische Erfolgsaussichten? Oder gibt es diskriminierungsfreie Beurteilungsinstrumente? Das waren jetzt nur sechs von den acht. Und man merkt schon, das sind fast ein bisschen, ja, medizinisch sozialwissenschaftliche ethische Themen, die unter anderem auch mit an die Uni gehören. Parallel haben wir einmal noch so einen kleinen Bereich gehabt, wo man die Basisdokumente sich runterladen kann, also die DIVI-Empfehlungen, die Empfehlung vom "Netzwerk Artikel 3" und und und. Und was ich auch ganz wichtig finde, wir haben dann ab März 2020 begonnen, jeweils aktuelle Entwicklungen und weiterführende Links aufzusetzen. Und bis jetzt, bis zum Dezember 21, haben wir ungefähr 60 Links jeweils, die wichtig sind. Wer hat irgendwann was gesagt? Wie sind Stellungnahmen? Welche Ideen kommen von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen? Das Problem dabei war: Vielleicht haben wir das ein bisschen zu positiv eingeschätzt. Es gab relativ wenig inhaltliche Beiträge, sondern es hat sich eher so zu einem Leseforum entwickelt. Ich habe dann mal auf die Zugriffe geguckt, also das sind dann je nach Themen zwischen 3000 und 5000 Lesezugriffe. Das find ich schon interessant. Und die meisten Lesezugriffe waren zum Thema "Wer trifft die Entscheidungen und Priorisierungen eigentlich so?" Und das ist glaube ich schon der Punkt, der die Leute ganz doll umtreibt. So weniger die wissenschaftliche Diskussion, sondern, was ist in der realen Situation eigentlich? Was passiert da? Und wer diskutiert? Wer bestimmt über mein Leben? Gab es für euch trotzdem noch mal so irgendwie Erkenntnisse? Also du hast ja zum Beispiel die Themen, das Dringlichkeitsprinzip. Wer entscheide? Was gibt es noch für andere Kriterien? Zum Beispiel, wer zuerst kommt, der bekommt zuerst eine Behandlung und andere. Gab es da irgendwelche Erkenntnisse für euch, die euch noch weiter beflügelt haben, das weiter zu machen? Es gab jetzt keinen direkten Erkenntnisse, dass wir gesagt haben, oh, jetzt haben wir die Lösung; sondern es war eher die Erkenntnis, hm, es ist schwierig, es ist ein verdammt schwieriges Thema. Es ist ein ethisches Dilemma und die Leute haben teilweise vielleicht auch Angst, sich zu äußern, weil sie denken, sie sagen das Falsche und treffen damit eine falsche Entscheidung. Und deswegen war eher die Erkenntnis, wir müssen das Ganze nochmal ein bisschen runterbrechen. Und deswegen war es mir wichtig, auch fürs "Netzwerk Artikel 3", da eine Broschüre in einer verständlichen Sprache zu schreiben. Was heißt das eigentlich? Was sind denn Beurteilungsinstrumente? Was sind Scores? Was bedeutet ein SOFA-Score? Was bedeutet eine Gebrechlichkeitsskala? Was bedeutet Mehr-Augen-Prinzip? Was bedeutet die Stellungnahme der Bundesärztekammer, des Ethikrates, die sich alle zu Wort gemeldet haben. Um das mal zusammenzustellen und zu bündeln und das für alle verständlich zu machen. Und das, denke ich, war ein wesentlicher Schritt, der auch, glaube ich, in der Diskussion etwas weiter geführt hat. Du hast es grad schon angeschnitten. Du hast ja selber dann diese Broschüre entwickelt, die überhaupt diese ganzen Skalen und überhaupt das Thema der Triage auf sehr verständliche Weise veranschaulichen und auch bebildert haben. Kannst du ein bisschen erklären, was da so z.B. für Bilder drin sind und wie die Broschüre aufgebaut ist und wo man die finden kann? Die ist ja auch digital verfügbar. Ja, die ist nur digital verfügbar. Also wir haben das quasi mit ganz schmalen finanziellen Bordmitteln gemacht und das ist eine 24-seitige Broschüre mit großer Schrift, die ist in zwei Teilen aufgeteilt. Der erste Teil ist so, dass wir erst mal erklären. Was heißt überhaupt das Wort Triage? Wo kommt es her? Was bedeutet es? Und wir erklären die Fachbegriffe. Also zum Beispiel: Wie kann man Erfolgsaussichten messen? Das ist im ersten Teil drin. Und im zweiten Teil geht es um die Reaktion und auch um die Verfassungsbeschwerde, die neun Menschen mit Behinderungen eingebracht haben. Und zum Schluss auch: Wo können Sie sich einmischen? Wie sind die Positionen, und dann Links zu den weiteren Materialien. Und um das verständlich zu machen, haben wir Marleen Sutandi, eine Kollegin die schöne Grafiken macht, gebeten, das zu bebildern. Und vorne drauf auf der Broschüre ist eine junge Person - wir haben die absichtlich ein bisschen androgyn gehalten, also nicht dem Geschlecht zugeordnet - und die hält so ein großes Buch vor sich, da steht "Medizin und Recht" drauf und die hat eine Lupe in der Hand. Das heißt also, es soll symbolisieren, aha, ich mische mich jetzt ein, ich mache mich schlau, ich mache mich kundig. Oder bei der Gebrechlichkeitsskala, wie kann man Erfolgsaussichten messen? Da ist so eine etwas vorsintflutliche Apparatur zu sehen, da steht drauf "CRS-Scanner". Links kommt jede Menge Papier raus, rechts kommen Drähte raus. Also so eine Apparatur, mit denen gearbeitet werden können. Oder Thema "Behinderte Menschen legen Verfassungsbeschwerde ein.". Da ist dann Artikel 3 des Grundgesetzes, "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." in so einem großen Felsstein eingemeißelt. Das heißt also, das ist das geltende Recht, was nicht angetastet werden darf. Und damit ist es noch ein bisschen leichter geworden, den ganzen doch schweren Fachkomplex Triage verstehen zu können. Sehr schön. Vielleicht kannst du nochmal kurz sagen, wie die Broschüre genau heißt, damit die Leute die auf der Seite des "Netzwerk Artikel 3" auch gut finden können. Wir verlinken ja auch in unseren Shownotes. Also das heißt "Was Sie über die Triage wissen müssen. Ein schwieriges Thema, verständlich erklärt.". Und es ist dann natürlich auf der Seite vom "Netzwerk Artikel 3" drauf. Und wenn ihr das in den Shownotes verlinkt, ist es auch wunderbar, weil ich denke, es muss noch weiter diskutiert werden. Und meine Erfahrung ist auch, das Wort Triage und es löst auch Schrecken aus, dann bekommt man Bilder im Kopf. Und ich denke, man muss es schon gezielt, nüchtern und sachlich angehen, um auch selbst zu einer guten Position zu kommen. Hast du Resonanz bekommen auf die Broschüre oder haben sich dadurch auch irgendwie auch noch andere Möglichkeiten aufgetan, stärker mitzumischen? Also ich kann da keine Zugriffszahlen nennen von der Broschüre auf der Seite, sondern nur von einzelnen Personen, die dann rückgemeldet haben, oh ja, das war mal wichtig und das ist gut und jetzt habe ich es verstanden und es nimmt mir ein bisschen Angst auch davor. Sehr gut. So ein bisschen niedrigschwelligeren Zugang zu haben und ich kann jetzt doch besser mitreden, wenn es um diese Thematik geht und bin nicht sofort von irgendwelchen Medizinrechtlern an die Wand gedrückt. Dann kommen wir jetzt zur Verfassungsbeschwerde von neun Menschen mit Beeinträchtigung. Das Bundesverfassungsgericht hat ja jetzt einen Beschluss gefasst, in dem es wirklich darlegt, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung hat, Menschen mit Behinderung wirksam vor Diskriminierung in Triage- Situationen zu schützen, also dass sie laut Grundgesetz Artikel 3, Absatz 2 geschützt werden müssen, weil niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Du hast es ja schon angesprochen. Da hat der Gesetzgeber ja einen relativ weiten Spielraum, was er machen kann, ob er selbst Kriterien aufstellt, die natürlich mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder schaut, wie kann man das verfahrenstechnisch regeln oder wie kann ein Mehr-Augen- Prinzip vernünftig geregelt werden? Aber was hältst du erst mal persönlich, da du dich sehr intensiv damit befasst hast, von diesem Urteil? Und was wünschst du dir, was der Gesetzgeber tun sollte, um diesem Thema wirklich wirksam zu begegnen und Menschen mit Behinderung wirklich vor Diskriminierung zu schützen? Ich muss sagen, ich war sehr nervös erst mal, als ich erfuhr, kurz vor Weihnachten, dass das Verfassungsgericht am 28. Dezember seine Entscheidung verkünden wollte. Und ich dachte umgehend, hoffentlich geht es gut. Und ich war dann total erleichtert, als gegen 19 Uhr durchsickerte, ja, die Verfassungsbeschwerde ist positiv entschieden worden. Und das war ja ein bisschen tricky, denke ich, weil die Argumentation war ja gesetzgeberisches Unterlassen. Es ging ja nicht irgendwie, dass schon eine Entscheidung gefallen war, sondern dass eben keine Entscheidung gefallen war. Und dass unser zweites Ziel, der Bundestag darf nicht länger schweigen, das wurde ganz eindeutig bestätigt und der Bundestag muss sogar unverzüglich handeln. Er darf nicht ein bisschen länger sich Zeit nehmen, sondern unverzüglich muss er aktiv werden. Und das war doch eine große Genugtuung. Und ja, es hat uns sehr gefreut, dass dieses gesetzgeberische Unterlassen sanktioniert wurde vom Verfassungsgericht. Das war schon mal sehr schön. Außerdem hat es uns auch sehr gefreut, dass das Verfassungsgericht deutlich die versteckten Diskriminierungen oder vom Fachbegriff so hinten bei, so die versteckten Vorurteile von den Leuten, die im medizinischen Bereich beschäftigt sind und die auch durchaus Vorteile haben können, dass die auch angesprochen worden sind, und das auch eine breite Sensibilisierung der im Gesundheitswesen Tätigen erfolgen müsse. Von daher ist es wichtig, dass sich jetzt Menschen mit Beeinträchtigungen aktiv einmischen. Und ich denke, es gibt bereits unabhängig von der Diskussion, nein, unabhängig kann ich nicht sagen. Es gibt Möglichkeiten, schon Sofortmaßnahmen einzuleiten, die noch gar nicht in ein ethisches Dilemma reinführen. In der Broschüre ist auch ganz eindeutig unterschieden zwischen der sogenannten ex ante Triage und der ex post Triage. Wir haben es dann so erklärt: ex ante, das ist quasi im Vorhinein. Der klassische Fall: Es gibt nur ein intensiv Bett und vier Leute müssten eigentlich da hingelegt werden. Wie entscheidet man dann? Das ist ex ante, aus dem Lateinischen, im Vorhinein. Das zweite, was auch in Bergamo ziemlich schockiert hat und manchmal verwechselt wird, das ist die sogenannte ex post Triage. Das hat im Nachhinein bedeutet, wenn jetzt eine Person auf der Intensivstation liegt und mit dem Gerät schon beatmet wird und es käme eine eventuell schwerer betroffene Person, dann wird der Person, die das Gerät schon hat, das Gerät weggenommen, weil die andere angeblich eine bessere Erfolgsaussicht hat. Und das, diesen Punkt der ex post Triage, denken wir, den könnte der Gesetzgeber sofort verbieten, weil das eine aktive Tötungshandlung ist und das muss eigentlich jeder, der im medizinischen Bereich tätig ist, sofort erkennen. Das geht überhaupt nicht. Dann wäre es zum Beispiel auch denkbar, dass die Gebrechlichkeitsskala nicht angewendet wird. Darüber gibt es in anderen Ländern schon Beispiele. Also das wäre auch eine Möglichkeit, dass diese Skala nicht Anwendung findet. Die zweite Skala, der sogenannte SOFA-Score, das ist eine Skala, wo bestimmte Grundeigenschaften von der jeweiligen Person gemessen werden. Und die kann bei Menschen mit Beeinträchtigungen standardmäßig schon anders sein, sodass die normale Score-Anwendung gar nicht mehr auf beiden organen Systemen im Durchschnitt Berücksichtigung findet, sondern dass man weiß, aha, ich muss auf jeden Fall immer beim Individuum genau hin gucken und mich bei der Person vorher schon informieren, kann ich die überhaupt mit diesem Score messen, oder muss ich da ganz andere Maßnahmen anwenden? Und was man auch sofort machen könnte: Es wurde schon vom Mehr- Augen-Prinzip gesprochen. Das ist, bei den Empfehlungen der Fachgesellschaften betrifft das lediglich die Professionellen. Die Angehörigen sollen nur, ich zitiere, "transparent informiert werden". Das kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Die müssen natürlich auch ein Mitspracherecht oder zumindest ein Viel-Augen-Prinzip und Viel-Münder-Prinzip mit umformulieren. Und natürlich halt die Partizipation der Betroffenen bei der Weiterentwicklung. Und dann können wir in die Diskussion eintreten. Was ist eigentlich in dieser ex ante-Situation der Fall? Welche Kriterien gibt es da? Ist es da diese klinische Erfolgsaussicht, Überlebenswahrscheinlichkeit? Und da hat auch das "Netzwerk Artikel 3" eine Stellungnahme sachkundiger Dritter vor dem Verfassungsgericht gemacht. Da haben wir auch ausgeführt, es kommt gerade im Bereich von Menschen mit Behinderungen zu so vielen Fehleinschätzungen über die Wahrscheinlichkeit von Operationenserfolgen, von Überleben, von Krankheitsverläufen. Es ist, man kann sagen, wie der Wetterbericht. Es kann sein, es kann auch nicht sein. Und daraus dann eine Entscheidung zu treffen, das ist sehr schwierig. Und man muss dann durchaus diskutieren. Soll es ein Zufallsprinzip sein? Soll es ein first-come- first-serve-Prinzip sein? Können es andere Prinzipien sein? Das hat das Verfassungsgericht auch noch nicht entschieden. Und diese Diskussion um diesen Fall muss entschieden werden. Und dann gibt es noch den Bereich, den hat auch unser Runder Tisch-Partner, die Caritas Psychiatrie Behindertenhilfe angesprochen, die sogenannte Triage vor der Triage. Das bedeutet, dass Menschen mit schweren Beeinträchtigungen, die in den Einrichtungen untergebracht sind, erst gar nicht mehr quasi in die Situation kommen, dass über sie mit entschieden wird, sondern dass von vornherein gesagt wird, bei denen lohnt es sich sowieso nicht mehr. Ich übertreibe jetzt ein bisschen. Das war zum Beispiel in Tuttlingen der Fall jetzt, in Süddeutschland, als das Landratsamt die Einrichtung aufgefordert hat, in diesem Sinne so ein bisschen zu verfahren, um halt angeblich so die medizinische Gesundheitsversorgung nicht überzustrapazieren. Und das geht ja auf keinen Fall. Und hier muss auch ein Riegel vorgeschoben werden. Und in diesem Sinne bin ich sehr gespannt, wie sich jetzt die Diskussion entwickeln wird. Vom Runden Tisch haben wir gesagt, wir haben geschrieben an die behinderten und gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen an den Justizminister, an den Gesundheitsminister und sagt hier, wir wollen als Runder Tisch mit einbezogen werden in die Diskussion. Und mal sehen, wie es weitergeht. Ja, wir dürfen gespannt sein. Ich kann nur empfehlen, auch wenn es erst mal ein bisschen trocken klingt, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu lesen, weil da wirklich viel Gutes und Interessantes drin steht, auch noch mal Zusammenfassungen der unterschiedlichen Stellungnahmen, sie haben ja einige sachkundige dritte Stellungnahmen eingereicht. Und auch, man kann mal sehen, wie wichtig es ist, so was auch zu machen. Aber was eben auch dazu gehört, welche Kriterien so eine Verfassungsbeschwerde erfüllen muss. Und auch ein bisschen erschreckend zu sehen für mich war so die Einschätzung der damaligen Bundesregierung, ob ein Gesetz denn Not täte oder nicht und die sich ganz klar dagegen ausgesprochen haben. Und die Argumente haben mich ein wenig erschreckt. Das andere ist vielleicht, wenn ich dazu noch ergänzen darf, ich habe auch in der Broschüre den damaligen Bundestagsabgeordneten Lauterbach zitiert, der meinte, nein, der Gesetzgeber muss das nicht machen, das seien medizinische Entscheidungen. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts hat er seine Meinung geändert und ist jetzt auch dafür, dass man das halt gesetzlich regelt. Und was mich besonders gefreut hat auch, ich habe ja zu Anfang gesagt, dass ich mit in der Ergänzung um die Verfassungsdiskussion Anfang der 90er Jahre beteiligt war, und das Gericht hat an ganz ganz vielen Stellen sich immer auf diesen neuen Satz 2 im Artikel 3, Absatz 3 bezogen. Und ich dachte dann, wow, wenn wir das damals nicht geschafft hätten, wenn die Verfassung nicht ergänzt worden wäre, das Urteil, die Entscheidung, wäre vielleicht ganz ganz anders ausgefallen. Da hast du Recht. Und das Gericht sich auch auf die UN-Behindertenrechtskonvention bezogen hat auf diverse Artikel und ich denke, von daher wird diese Entscheidung auch in ganz anderen Fällen noch eine wesentliche Grundlage sein, wo es vielleicht anders gelagerte Probleme gibt, aber da ist der Bezug wirklich zum Grundgesetz und zur UN-BRK sehr sehr deutlich ausformuliert. Und das ist auch ein wunderbarer zusätzlicher Effekt. Eine letzte Frage und das ist natürlich immer schwierig einzuschätzen und zu evaluieren. Du hast ja selber auch schon gesagt, es muss einfach eine breite Debatte geben unter Beteiligung von Menschen mit Behinderung und Selbstvertretungsorganisationen. Aber wenn du auf die internationale Ebene in andere Länder schaust, gibt es da für dich schon Beispiele, wo man sagen kann, das ist vielleicht ein bisschen besser gelöst oder wenigstens ein guter Ansatz, wie man so eine Triage-Situation, die ohnehin schon wahnsinnig schwierig und belastend und für einen Menschen immer diskriminierend ausgehen wird, wie man das besser gestalten kann? Es gab mal auch Ansätze von der Konrad-Adenauer-Stiftung, die es versucht hat, aus anderen Ländern zusammenzuführen. Auch in Diskussionen war ich mit dabei. Und dort wurde zunächst mal festgestellt, dass es eigentlich überall, auch auf der Welt, so eher so eine gesetzgeberische Zurückhaltung da ist. So alles, man weiß nicht genau, wie man es macht. Das ist sehr unterschiedlich. Manche Länder, auch in der Schweiz, haben jetzt auch mit das Kriterium Alter verstärkt eingeführt. Ich habe eigentlich drei Bereiche aus unterschiedlichen Perspektiven, die ich vielleicht nennen könnte. Das eine kommt aus Großbritannien. Dort hat ein National Health Institute schon im März 20 festgestellt, dass die CFS-Skala, die Gebrechlichkeitsskala, nur eingeschränkt zu verwenden sei und nicht, ich zitiere, bei Stable Long Term Disabilities, also bei stabilen, langandauernden, lang bestehenden Beeinträchtigungen, dann ist sie ausgeschlossen. Und das, denke ich, ist schon ein wesentlicher Faktor. Das muss ausgeschlossen sein. Zumal diese CFS, da gibt es Plakate dazu, wo bei Stufe 7 und 8, es geht von 1 bis 8, schon kleine Piktogramme sind, wo Leute geschoben werden mit Rollator oder Rollstuhl. Und diese unterschwellige Symbolik geht dann auch dahin, dass man vielleicht zu schnell seinen Vorurteilen in der Beurteilung unterliegt. Also da ist schon ein Beispiel, dass diese CFS nicht angewandt werden soll in bestimmtem Bereichen. Dann gibt es aus Schweden auch Vorgaben, dass die Angehörigen mit einbezogen werden sollen, das ist das, was ich eben auch sagte, dass die nicht nur informiert werden, sondern mit einbezogen werden, aktiv. Und was ich auch spannend finde zum Bereich Partizipation. Es gibt zum Beispiel aus Kanada, da gibt es einen Expert*innen-Beirat zum Thema Covid und Behinderung. Und da sind zum Beispiel elf Expertinnen und Experten aus der Disability Community ausgewählt worden, die die kanadische Regierung beraten. Und diese drei Sachen, finde ich, stehen schon ganz gut stellvertretend für eine Entwicklung, die wir hier in Deutschland noch nicht haben und zu der wir aber hinkommen müssen, so denke ich. Dann bin ich sehr gespannt, was der Gesetzgeber jetzt unternehmen wird und wie gut die Zivilgesellschaft in diesem Prozess der Gesetzgebung mit eingebunden werden wird und wie zeitnah das auch passiert. Und ich bin mir sicher, NW3, der Runde Tisch und alle anderen Akteur*innen werden weiterhin tatkräftig mitmischen. Dann ganz herzlichen Dank für das schöne Interview und ich wünsche euch ganz viel Erfolg für eure weitere Arbeit und alles Gute. Danke und viel Erfolg beim Podcast und bei den weiteren Folgen. Das wars auch wieder mit unserem Podcast "Das lasse ich mir nicht bieten - Wege durch den Rechte-Dschungel. Ganz vielen Dank euch fürs Zuhören. Ich wünsche euch eine wunderbare Zeit und freue mich, euch in der nächsten Folge wieder begrüßen zu dürfen. Alles Gute für euch! Bleibt optimistisch, zuversichtlich und habt euch lieb. Egal auf welchem Weg. Bis dann. Das war für euch heute am Mikrofon Jessica Schröder. Dieser Podcast wird ermöglicht durch die Förderung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Das lasse ich mir nicht bieten. Der Podcast über Wege durch den Rechte-Dschungel. Eine Produktion von ISL Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben e.V.. Mehr Informationen und Kontaktaufnahme über die Webseite www.isl-ev.de.